Sinnesleistungen Riechen und Hören
Ich weiß was, was Du nicht weißt!
Das Riechen
Alle Tiere sind auf ihren Geruchssinn angewiesen, wenn sie Nahrung und Sexualpartner finden wollen. Riechen ist an den elementarsten Grundbedürfnissen wie Nahrung und Reproduktion sowie der räumliche Orientierung beteiligt und deshalb der wichtigste und evolutionär älteste Teil der Sinneswahrnehmungen. Die erste Wahrnehmung eines neugeborenen Welpen ist das Riechen der Mutter und ihrer Zitzen. Die „Nasen-Welt“ unserer Hunde ist für uns Menschen eine gänzlich unvorstellbare Wahrnehmungs-Fähigkeit. Wenn wir Menschen die Haustür verlassen, riechen wir vielleicht den Frühlingsduft, den Schnee in der Luft oder Nachbars Bratwurst vom Grill.
Verlässt unser Hund die Haustür, weiß er, dass der Nachbar vor einer Stunde das Haus verlassen hat, dass vorbeikommende Kinder ein leckeres Käsebrot im Schulranzen haben, dass der Rüde aus der anderen Straße schon vorbei gekommen war, dass die Katze im Garten des nachts eine Maus gefangen und kleinste Blutspuren hinterlassen hat, dass der Postbote nicht der Selbe war wie sonst und, und, und. Der Hund besitzt also eine phantastische Welt der Gerüche.
Diese Leistung ist nur möglich, weil beim Hund die Zentren für Gerüche um ein vielfaches größer und ausgeprägter entwickelt sind als die des Menschen. Das Riechhirn des Hundes ist zehn Mal größer als beim Mensch und beträgt ca. 10% des Gehirnvolumens.
Das Riechorgan
Der Hund hat, je nach Nasengröße, ca. 10-20 Mal mehr Riechzellen, nämlich zwischen 100 und 230 Millionen Zellen, während der Mensch zwischen 5 und max. 20 Millionen Riechzellen besitzt. Die Riechzellen befinden dich auf der Riechschleimhaut, welche oberhalb in der Nasenhöhle ihren Platz hat. In der Nasenhöhle sind die Riechzellen ständig der Außenwelt ausgesetzt und werden somit durch Dauerleistung schnell verbraucht. Deshalb werden Riechzellen im Abstand von ca. 60 Tagen im Hippocampus neu gebildet, um von dort aus in Richtung Schleimhaut zu wandern. Alte Riech-Sinneszellen werden also stets ersetzt.
Die Riechschleimhaut, auch Riechepithel genannt, ist sozusagen die Basis, an derer die Geruchsmoleküle ihren Weg zu den Riechzellen finden. Sie ist etwa bis zu 40 Mal größer als die des Menschen und beträgt beim Hund, je nach Nasengröße, zwischen 70 und 220 cm² (5 cm² beim Menschen). Vereinfacht beschrieben, nehmen die Riechzellen die Geruchsmoleküle aus der Umwelt auf, wandeln sie biochemisch um, und geben sie zur weiteren Informationsverarbeitung über die Riechnerven an verschiedene Gehirnregionen weiter. Jedoch der größte Teil der Geruchs-Information gelangt zum Limbischen System, welches das Hauptzentrum für Emotionen ist.
Das Limbische System
Im Limbischen System, genauer in der Hypophyse, werden Informationen, die den Hormonhaushalt betreffen, gesteuert. Dadurch nehmen Gerüche Einfluss auf die situative Stimmung. Aber auch Erinnerungen, Glücksgefühle oder Stress werden hervorrufen, die dann körperliche Reaktionen begleiten, wie z. B. auf den Speichelfluss, Blutdruck oder Pupillenerweiterung.
In der Unterscheidung von Gerüchen können Hunde millionenfach empfindlicher riechen als Menschen. Das Hunde Sprengstoff, Rauschgifte, verschüttete Menschen oder bevorstehende epileptische Anfälle riechen können, ist bekannt. Neueste Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass die Hundenase noch viel differenzierter Gerüche unterscheiden kann. So können Hunde einen faulen Apfel aus zwei Milliarden Fässern voller Äpfel herausfinden und eine Prise Salz aus zehntausend Tonnen Kartoffelchips erkennen. Hunde können sogar Krebszellen riechen, bevor diese mit aufwendigen Untersuchungen überhaupt lokalisiert werden können. Hunde erschnüffeln ein einziges Duftmolekül aus einer Billion anderer Moleküle, und dementsprechend können sie auch sehr komplexe Duftmischungen unterscheiden. Was der Hund genau schnüffelt, ist noch nicht genau geklärt. Es wird aber davon ausgegangen, dass die Abbauprodukte von organischem Material, in der Regel sind das Gase, vom Hund gerochen werden können.
Was riecht der Hund
Bei uns Menschen sind dies kleinste Hautpartikel, die von Bakterien verstoffwechselt werden. Eine Hautzelle ist 30 Mikrometer bzw. 0,03 mm groß. Eine Menge von mehreren hunderten Hautzellen bildet eine kleine Hautschuppe, die dann erst von uns Menschen visuell wahrgenommen werden kann. Unsere Haut wird von vielen tausenden Bakterien besiedelt. Diese haften auch auf den einzelnen abgestorbenen Hautzellen (Keratinozyten), die für jene Bakterien als Nahrung dienen. Bei diesem Stoffwechselvorgang, der u.U. einige Tage dauert, entstehen Gase, also chemische Stoffe, die der Hund wahrnehmen kann. Kurz um, der Hund riecht also Bakterinpups.
Ein Mensch verliert ca. 40 000 Hautzellen pro Minute, das sind 28,8 Millionen Hautzellen in 12 Stunden, die durch Wärme und Wasserdampf vorerst nach oben steigen, um dann wieder zu sinken. So entsteht eine riesige Duftwolke, die auch Individualgeruch genannt wird. Jeder Mensch hat seinen eigenen Individualgeruch, der durch Ernährung, Genussmittel, kosmetische Zusätze oder Krankheiten beeinflusst wird. Dieser Geruch hat nichts mit dem zu tun, welchen wir Menschen als Körpergeruch benennen, sondern dieser Geruch wird nur vom Hund gerochen.
Die Fährte
Bei einer Trittspur hingegen werden Boden- und Pflanzenpartikel zerstört, die ebenfalls durch Bakterien zersetzt werden. Auch bei dieser Zersetzung (Stoffwechsel) des organischen Materials entstehen nach einem Zeitraum von 30 Minuten Gase die nach oben steigen. Deshalb muss eine Fährte mindestens 30 min ruhen bis der Hund mit seiner Nasenarbeit beginnen darf. Am Anfang einer Trittspur ist also der Zersetzungsprozess älter als am Ende einer Spur und so kann ein Hund auch die Lauf-Richtung der zu verfolgenden Spur erkennen.
Nasenarbeit ist extrem anstrengnd
15 Minuten Nasenarbeit ist für den Hund genauso auslastend wie 1 Stunde Waldspaziergang. Dabei erhöht sich die Körpertemperatur um bis zu 2°C auf 39-40°C. Deshalb muss bei Suchübungen, gleich welcher Art, stets auf Überforderung bzw. ausreichende Pausen dringend geachtet werden. Im Normalmodus haben Hunde (in Abhängigkeit ihrer Körpergröße) eine Atemfrequenz zwischen 30 und 80 Atemzüge pro Minute. Beim Schnüffeln atmet der Hund in kurzen Atemstößen jedoch bis zu 300 Mal pro Minute ein. Beim wittern von Wild hingegen werden tiefe langanhaltende Atemzüge gemacht. Beide Atemtechniken ermöglichen eine maximale Ausnutzung der Riechschleimhaut, da hier wirklich alle Bereiche der Schleimhaut mit Duftmolekülen in Berührung kommen.
Hunde, deren Nasenhaut eine dunkle Pigmentierung haben, sollen über ein feineres Riechvermögen verfügen als Hundenasen mit geringerer Pigmentierung. Reduziert auf Duftstoffe, die mit Nahrung und Sexualpartner zu tun haben, und in bestimmten Zykluszeiten, sollen Hündinnen besser riechen können als Rüden.
Mit zunehmender Entwicklung weiterer Sinneswahrnehmungen und Kommunikationsfähigkeiten, wie Sehen und Hören, das Deuten von Mimik und Gestik sowie das Einsetzen von sprachlicher Kommunikation, verarmen die Leistungen des Riechsinnes. So weiß man von uns Menschen, aber auch von Primaten, dass für die Nahrungs- und Partnersuche und die räumliche Orientierung, eine olfaktorische (geruchliche) Wahrnehmung nicht mehr im Vordergrund steht, sondern zunehmend die Umwelt über höher entwickelte Fähigkeiten, gemeint ist vor allem soziales Verhalten, erlebt wird. Im Klartext heißt das, dass mit zunehmendem Sozialverhalten das Riechvermögen abnimmt.
Das Jacobsonsches Organ
So soll das sog. Jacobsonsches Organ (Vomeronasales Organ) bei uns Menschen nur noch in der frühkindlichen Phase vorhanden sein und sich später zurückbilden. Beim Hund jedoch spielt dieses Organ eine große Rolle. Vermutet wird, dass es dazu dient, nichtflüchtige Geruchsmoleküle und vor allem Pheromone wahrzunehmen, die als Sexuallockstoff dienen und den weiblichen Zyklus beeinflussen können. Benutzt der Hund jenes Organ, klappern seine Zähne, meist auch mit starkem Speichelfluss. Das Jacobsonsche Organ steht ebenfalls in direkter Verbindung zum Limbischen System, und es ist in Fachkreisen umstritten, inwieweit es Handlungen bei uns Menschen beeinflusst.
Kognition verändert die Sinnesleistungen
Der Hund hat seine geruchlichen Leistungen, aus kleinsten Duftmolekülen lebenserhaltende Informationen zu erhalten, vom Wolf geerbt. Für uns Menschen ist es eine Welt außerhalb unserer Vorstellungen, denn wir brauchen zum Überleben nicht die Informationen, dass der Nachbar vor einer Stunde das Haus verlassen hat, dass vorbeikommende Kinder ein leckeres Käsebrot im Schulranzen haben, dass der Rüde aus der anderen Straße schon vorbei gekommen war, dass die Katze im Garten eine Maus gefangen und kleinste Blutspuren hinterlassen hat, dass der Postbote nicht der Selbe war wie sonst und, und, und. Auch wenn diese konkreten Beispiele nicht das Überleben des Hundes sichern, so ist es aber in der Wildnis für den Wolf von Vorteil zu wissen, wenn sich Beute in der Nähe aufhält oder sich ein Rivale nähert.
Das Hören
Beim evolutionär jüngeren Sinn als dem Riechen, dem Hören, steht die Ortung der Beute und die räumliche Orientierung im Vordergrund. Im Gegensatz zu uns Menschen kann der Hund seine Ohrmuscheln in verschiedene Richtungen bewegen, um so gezielt Artgenossen oder Beutetiere lokalisieren zu können. Dabei hört der Hund nicht etwa lauter als der Mensch, sondern punktuell genauer, mit dem Vorteil, weitere Nahrungsquellen, wie Kaninchen, Mäuse und andere Kleinsäuger ausfindig zu machen. Zudem steht die Ortung der Artgenossen und deren Kommunikation, besonders während der Jagd, im Vordergrund.
Hören geschieht durch Schall in der Luft. Beim Schall ist das, was wir hören, eine erzeugte Bewegung in der Luft. Dabei wird der Luftdruck verändert bzw. Luft-Moleküle in Schwingungen versetzt, wie wenn ein Tropfen auf eine Wasseroberfläche fällt und kleine Wasserwellen entstehen. So werden auch in der Luft Wellen erzeugt. Je mehr Wellen (Schwingungen) entstehen, desto höher ist der Ton bzw. die Schallfrequenz. Schallfrequenz ist also die Anzahl der Schwingungen, die in einer Materie (z. Bsp. Luft oder Wasser) pro Sekunde entsteht und die in Hertz angegeben wird. 20 000 Hz sind demzufolge 20 000 Schwingungen pro Sekunde.
Stehohren
Rosenohren
Schlappohren
Kippohren
Der Hund hört im Infra- und Ultraschallbereich
Während wir Menschen Schallfrequenzen zwischen ca. 20 und 20 000 Hz wahrnehmen können, liegen die hörbaren Schallfrequenzen des Hundes zwischen 15 und 100 000 Hz und damit auch im Infra- und Ultraschallbereich. Im Mittelohr werden diese Schallwellen (veränderter Luftdruck) als Vibration verstärkt und durch Nervenzellen im Innenohr in elektrische Signale umgewandelt. Die Signale werden dann im Gehirn für weitere Aktivitäten verarbeitet. Der Hund erhält mit seinem Hörorgan so viele differenzierte Signale, dass es nicht verwunderlich ist, dass er auch in der Lage ist, feinste Veränderung in unserer Stimme zu Interpretieren. Dabei werden Schmunzeln, Lügen, Angst, Ärger und Enttäuschung vom Hund wahrgenommen, und er lässt sich nicht durch eine gegenteilige Gesichtsmimik täuschen. Der Hund hört nicht nur Geräusche aus der näheren Umgebung sehr präzise, sondern er kann auch aus weiter Entfernung Geräusche wahrnehmen.
Besonderheiten
Durch die getrennt voneinander beweglichen Ohrmuscheln, ist der Hund in der Lage, eine Geräuschquelle bis auf eine fast 100%ige Genauigkeit zu lokalisieren. Nicht bewiesen, aber oft behauptet wird, dass Hunde mit Schlappohren nicht so gut hören sollen, weil das gekippte Ohr den Gehörgang verdeckt. Allerdings ist stets zu beobachten, dass das gezielte Drehen der Ohrmuscheln bei Hunden mit langen Hänge-Ohren nur schlecht möglich ist und zu Missverständnissen in der Kommunikation führen kann.