Stereotypie-, Zwangs-, und Suchtverhalten beim Hund 

Stereotypes Verhalten wird auch Abnormal-Repetitives-Verhalten genannt

 

Als Stereotypie werden abnormal, wiederholende, gleichförmige Bewegungen bezeichnet. Stereotypie wird auch unter der Bezeichnung „Abnormal-Repetitives-Verhalten“, Abk. ARV, genannt. Die Ursachen für ein solches Verhalten reichen von genetischen Faktoren, krankhaften Veränderungen der Wirbelsäule, neurologische Erkrankungen, infektiöse Übertragungen durch Parasiten bis zu Folgeerscheinungen nacheinem physikalischem Trauma und Operationen.

Jedoch werden sie am häufigsten durch Isolation, Stress und durch eine nicht artgerechte Haltung und Ausbildung ausgelöst. Einzig arttypisch, also nicht abnormales Verhalten,  sind Stereotypien bei Balzverhalten während der Partnersuche zu sehen.

Häufig wird stereotypes Verhalten mit Zwangsverhalten in Verbindung gebracht. Jedoch beinhaltet zwanghaftes Verhalten immer eine Handlung, die zur Abwehr von eventuell eintretenden negativen Ereignissen dienen soll, also zielgerichtet. Stereotypes Verhalten ist zwar als zwanghaft anzusehen, allerdings um eine Bedürfnisbefriedigung und ein Gefühl zu erreichen. Mit der Handlung selbst hat dies nichts zu tun. Ob eine Verhaltensauffälligkeit ein Zwangsverhalten oder eine Stereotypie darstellt ist in der Kynotherapie schwer zu ermitteln, da ein Hund seine Angst vor einem zu erwartetem Unheil nicht verbal aussprechen kann. Es soll jedoch für eine Therapie unter dem Aspekt, dass unterschiedliche kausale Prozesse ursächlich sind, die auf unterschiedlichen Beeinträchtigungen im zentralen Nervensystem beruhen, wichtig sein (Ergebniss dieser Studie).

Tier-Studien haben sowohl durch die Gabe von Opiod-Antagonisten (hemmende Wirkung der Neurotransmitter) als auch durch die Medikation von Morphin-Agonisten (verstärkende Wirkung der Neurotransmitter) keine eindeutigen Erkenntnisse gebracht, die beweisen, dass Stereotyie suchtähnlichen Charakter hat. Eine jedoch weit verbreitete Vermutung in der Kausalität von Stereotypien besteht in der Selbstnarkotisierung durch körpereigene Endorphine (endogene körpereigene Morphine).

Stereotypie und die Abläufe im Körper

Bei stereotypischen Verhalten soll ein inneres Gleichgewicht (Appetenz) hergestellt werden. Oder anders ausgedrückt, eine innere Motivation bedingt eine Endhandlung. Findet diese Endhandlung nicht statt, befindet sich dein Hund in einem ständigen Zustand der Unruhe. Durch Bewegungen oder Handlungen, versucht dein Hund diesen Zustand der inneren Unruhe zu stoppen, um eine Befriedigung zu erreichen. Diese Bewegungen werden exzessiv ausgeführt und können bis zur Erschöpfung führen. Oft werden sie von Störfaktoren nur schwer oder nicht unterbrochen. Hat diese eine Handlung/Bewegung das innere Gleichgewicht rudimentär wieder hergestellt, etabliert sich diese durch die Ausschüttung körpereigener Opiate, sog. Endorphine. Endorphine sind Glücklichmacher, die euphorische Gefühle auslösen. Außerdem wird Dopamin in großen Mengen im ZNS produziert und freigesetzt, welches ursächlich verantwortlich für Suchtverhalten ist. Diesen neurobiologischen Vorgang wird dopaminerges Belohnungssystem genannt.

Stereotypie und Ballspiel Hund

Dopamin

Für eine Verhaltenstherapie gilt also, dass stereotypisches Verhalten, neurobiologisch gesehen, wie Suchtverhalten zu bewerten ist. Dein Hund erfährt durch seine spezifisch exzessiv ausgeübte Bewegung eine Bedürfnisbefriedigung, die das limbische System im Gehirn stimuliert. Dabei werden verschiedene neurobiologische Prozesse aktiviert,  insbesondere die Produktion von Endorphine und Dopamin. Diese sind für kognitive Vorgänge, emotionales Empfinden und Bewegung zuständig. Dopamin ist ein Botenstoff, der Befehle des Nervensystems an die Muskulatur weiterleitet und den Sympathikus (vegetative Nervensystem) anregt. Durch diese vermehrte Dopaminausschüttung erlebt dein Hund ein angenehmes Gefühl (Bedürfnisbefriedigung), so dass Stress, Frustration, Angst und Unsicherheit in den Hintergrund gedrängt werden. Es entsteht eine Assoziation, also eine erlernte Reaktion, zwischen dem exzessiv ausgeübtem Verhalten und die damit verbundene positive Wahrnehmung.

Die vielfache Ausschüttung des Dopamins wird schnell wieder abgebaut. Deshalb bedarf es, um den Dopaminlevel und damit auch diese positive Wahrnehmung bzw. Bedürfnisbefriedigung zu erlangen und aufrecht zu erhalten, einer noch größeren Dopaminausschüttung. Diese bedingt jedoch ein intensiveres ausgeführtes exzessiveres Verhalten. Ein Teufelskreislauf mit pathologischen Charakter. Aus dem exzessivem Verhalten wird ein belohnendes Verhalten, welches meist zur einzigen Stressverarbeitungsstrategie eingesetzt wird. Aus therapeutischer Sicht ist zu beachten, dass bei einer Verhaltensveränderung als Folge mit Entzugserscheinungen zu rechnen ist. 

Beispiele beim Hund für Steroetypie können sein:
  • Um die eigene Achse drehen / im Kreis drehen
  • Auf und ablaufen
  • Den eigenen Schwanz jagen
  • Sich selbst beknabbern (Autoaggressionen)
  • Dauerbellen oder Jaulen
  • Kot fressen (Kopophragie)
  • Ungenießbares Fressen (Pica)
  • Halluzinationen (Fliegenschnappen)
  • sog. Aufreiten

Bällchen werfen ist kein Spiel

Exzessive Ballspiele mit deinem Hund gehören ebenso in diese Kategorie, wie jegliche Art an Extrem-Beschäftigung, die ohne Rücksicht auf den Hund ausgeführt wird. Die Gefahren lauern vor allen in den Beschäftigungsmöglichkeiten, die über das normale Maß hinaus selbstbelohnend sind. Dazu gehört auch z.B. das Frisbee werfen und Reizangeltraining. Besonders gefährdete Rassen sind Hütehundtypen und Terrier. Gerade das Ballwerfen ist ein beliebter Zeitvertreib um dem Hund sein Muß an Bewegung zu ermöglichen. Abgesehen davon, dass du dabei Hetzsequenzen aus dem Jagdverhalten mit deinem Hund trainierst, werden u.U. bestimmte Reize von deinem Hund auf andere Objekte oder Subjekte übertragen. Das kann fatale Folgen für dich und deine Umwelt haben und dein Hund wird hier in ein zwanghaftes Verhalten gezwungen. Eine Verhaltensmodifikation kann sich als äußerst schwierig, langwierig und kostenintensiv darstellen.

Was kannst du tun

Wenn du der Meinung bist, dass dein Hund vielleicht bereits stereotypisches Verhalten zeigt, dann hole dir Hilfe durch einen fachkundigen Hundetrainer. Notiere oder filme das Verhalten. Das erleichtert die Beurteilung eines Trainingsablaufs. Außerdem kannst du so besser sehen, wie sich das Verhalten mit der Zeit gebessert hat. Das „falsche“ Verhalten muss unbedingt unterbrochen werden. D.h. das dein Hund dieses Verhalten auf gar keinen Fall mehr ausführen darf. Fine die Ursachen, warum es deinem Hund nicht gut geht. Er könnte vielleicht eine nicht entdeckte Krankheit haben, sich langweilen oder überfordert sein. 

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