Gefühls- und Stimmungsübertragung durch Spiegelneuronen

Alles so einfach und doch oft so schwer

Stimmungsübertragung durch Spiegelneuronen heißt, dass alle Mitglieder einer Gruppe sich einer situativen Verhaltenstendenz anschließen. Im Ergebnis führt dies dazu, dass alle Gruppenmitglieder sich synchron verhalten, also das Gleiche tun. Besonders sinnvoll ist dieses Verhalten bei Herdentieren, wenn diese zeitgleich zur Flucht vor Raubtieren ansetzen. So erschweren sie dem Feind eine Selektion. Oder bei der Wanderung tausender Huftiere zu den jeweiligen Gras- und Wasserstellen, weil es das Überleben jedes einzelnen Tieres verbessert. Stimmungsübertragung wirkt arterhaltend und ist somit ein wichtiger Bestandteil innerhalb einer Gruppe oder Gemeinschaft.

In der Hundeerziehung haben wir ständig(!) mit Stimmungen und derer Übertragung zu tun. Dabei geschieht die Übertragung vom Menschen auf den Hund oder umgekehrt. Stimmungsübertragung wird im Fachlatein Allelomimetrisches (allel- [von griech. allēlōs = gegenseitig]; mimetrisch [von altgriech. mimētikos = nachahmend, nachäffend]) Verhalten genannt. 

Wenn du deinen Hund genau beobachtest, wirst du feststellen, dass dein Hund häufig genau das macht was du auch gerade tust. Du gräbst im Blumenbeet, wird dein Hund auch mit dem Buddeln anfangen. In einer Pause setzt du dich hin, dein Hund tut dies auch. Fängst du an zu hüpfen und zu rennen, wird dein Hund sich dir anschließen und ebenfalls fröhlich umherspringen. Stimmungsübertragung heißt aber auch, wenn du deinen Nachbarn nicht magst wird dein Hund sich dir anschließen.

Die Forschung der Spiegelneuronen steht noch am Anfang

Für Veränderungen ist die Stimmungsübertragung, die vom Halter ausgeht, entscheidend, ob sich das unerwünschte Verhalten eines Hundes in die gewünschte Bahn lenken lässt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die 1992 entdeckten Spiegelneuronen diese Gefühle auslösen. In wieweit die Human-Forschung auch auf die Tierwelt übertragen werden kann ist noch nicht endgültig geklärt. Allerdings haben Forscher der italienischen Universität in Parma bei Affen festgestellt, dass beim bloßen beobachten von Handlungen Nervenzellen aktiviert werden, also Signale gesendet werden als würden die Affen selbst jene Handlungen ausführen.

Stimmungsübertragung durch SpiegelneuronenGähnen ist ansteckend

Gähnen ist ansteckend, deshalb wurde an der Londoner Universität untersucht inwieweit sich Hunde vom menschlichen Gähnen ebenfalls zum Gähnen verleiten lassen. Demnach haben von 29 Hunden die dem Gähnen eines Wissenschaftlers zuschauten 72 % sich vom Gähnen anstecken lassen. Während sich Menschen vom ansteckenden Gähnen gerade einmal mit ca. 60% mitreißen lassen. Spiegelzellen ermöglichen die Fähigkeit durch bloßes Beobachten sich in Handlungen und Gefühle andere Lebewesen hineinzuversetzen.

Körperausdruck von Gestik und Mimik, Gefühle wie Schmerz, Freude, Frohsinn, Anspannung, Nervosität oder Angst, lösen im Gehirn des Betrachters durch Spiegelzellen die gleichen Handlungen und Gefühle aus, als würden sie selbst erlebt. Bereits bloße Andeutungen von Handlungen werden im Gehirn vom Betrachter bis zur endgültigen Abhandlung ergänzt und auch erlebt.

Spiegelneuronen sind Alleskönnerzellen

Je mehr Spiegelzellen bzw. Spiegelneuronen im Gehirn vorhanden sind desto größer ist die Fähigkeit sich in Andere hineinzuversetzen. Es ist bekannt, dass sie sich in Hirnbereichen befinden die für Bewegung, Berührungen und Gefühle zuständig sind. Vermutet wird, dass diese Alleskönnerzellen auch in anderen Gehirnbereichen zu finden sein werden. Für unser Zusammenleben mit Hunden ist die Übertragung von  Emotionen entscheidend für den täglichen Umgang und das gemeinsame Erleben. So kann eine physische oder psychische Veränderung am Hundehalter auch eine Veränderung seines Hundes verursachen, egal ob dies positiv oder negativ gemeint ist.

Stimmungsübertragung vom Hund auf den Menschen

Ist dein Hund glücklich, versetzt dich das ebenfalls in eine glückliches und entspanntes Gefühl. Der freudige Ausdruck deines Hundes (optisches Signal) spiegelt sich in deinem Gesichtsausdruck wieder. Das zum Spiel auffordernde Bellen deines Hundes (akustisches Signal) veranlasst einen netten Smalltalk mit anderen Hundehaltern. Es wird gelacht und dein Hund sucht freundlichen Kontakt durch stupsen und anschmiegen (taktile Signale) an dir und anderen Personen. Eine gute Stimmung liegt in der Luft (chemisches Signal).

Stimmungsübertragung vom Menschen auf den Hund

Hast du Angst, z.B. weil dein Hund von einem anderen Hund gebissen werden könnte, äußert sich deine Angst in deinem Körperausdruck. Deine  verbale und nonverbale Sprache ändert sich. Deinem Hund wird dadurch signalisiert: Achtung Gefahr droht!. Dein Hund nimmt diese Signale mit allen Sinnen war, also nicht nur akustisch, durch deine Sprache. Es spielen auch taktile, chemische und optische Signale eine Rolle. Dabei verursachen feste Verhaltensabläufe einen Teufelskreis, der unterbrochen werden muss. Ankündigende Worte, wie „Oh, da kommt ein Hund!“ (akustisches Signal), das Kurznehmen der Leine (taktiles Signal), Angstschweiß (chemisches Signal) und eine angespannte Körperhaltung (optisches Signal) laufen meist in einer festen Verhaltenskette ab. Deinem Hund bleiben keine Handlungsspielräume für positive Erfahrungen.

 
Deine Stimme beeinflusst Stimmungsübertragung erheblich: 
  • Stimmung = Stimme
  • eine falsche Atmung verursacht eine sog. flache Stimme und bewirkt Verunsicherung beim Hund
  • stabil auf dem Boden stehen verbessert die Stimmlage, Standhaftigkeit üben (wortwörtlich und auch sinngemäß gemeint)
  • Je tiefer eine Stimme desto dominanter ist die Wirkung auf den Hund
  • Tonale (harmonisch, linear) Lautäußerungen „bescheinigt“ psychische Stabilität, während atonale (unharmonisch, geräuschvoll) Lautäußerungen eher Unsicherheit erkennen lässt, deshalb mit Bestimmtheit bzw. Entschlossen sprechen
  • Akustik unterstütz immer die nonverbale Körpersprache, deshalb müssen Stimme, Mimik und Körperhaltung übereinstimmen
  • ruhiges und gelassenes Auftreten des Halters in Konfliktsituationen

Gerade deine Stimme nimmt einen großen Einfluss auf deinen Hund. Durch spezielle Übungen kannst du erlernen, wie du diesen Prozess positiv beeinflussen kannst. 

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